Brodo­win

Brodo­win ist seit der Bron­ze­zeit besie­delt, der Name ist slawi­schen Ursprungs: (Brodo­vina, brod = Furt. Urkund­lich erwähnt wird Brodo­win seit Mitte des 13. Jahr­hun­derts, während des Hoch­mit­tel­al­ters erfolgte viele Grün­dun­gen von Dörfern und Städ­ten nach deut­schem Recht, so Brodo­win wie auch Pehlitz und Plawe. Die Slawen muss­ten ihre ange­stamm­ten Wohn­plätze verlas­sen und in den neuen Dörfern siedeln. Die Drei­fel­der­wirt­schaft wurde einge­führt, die Feld­flur vermes­sen und dann neu ange­legt. Das Anger­dorf Brodo­win zeigt im Gegen­satz zum slawi­schen Rund­ling sehr deut­lich seine mittel­al­ter­li­che Grün­dung.

Das Zister­zi­en­ser­klo­ster Mari­en­see wurde auf einer Insel im Parstei­ner See errich­tet. Der Wasser­spie­gel war damals 2 m höher und die Insel ist jetzt nur noch eine Halb­in­sel, Pehlitz­wer­der. Der Bau wurde bald abge­bro­chen und statt­des­sen das Kloster bei Chorin gebaut, Reste des Funda­ments sind noch auf dem Pehlitz­wer­der zu sehen. Brodo­win gehörte dem Kloster, das dann Ende des 16. Jahr­hun­derts vom Mark­gra­fen von Bran­den­burg und Kurfür­sten Joachim II. “Hector” säku­la­ri­siert wurde, nicht wegen der Refor­ma­tion, sondern um sich zu berei­chern.

Nach dem 30-jähri­gen Krieg und der Pest war das Dorf zeit­weise nicht besie­delt, später kamen in der Zeit der Peuplie­rung Huge­not­ten und Mitte des 19. Jahr­hun­derts erfuhr Brodo­win mit dem Bau der Kirche und den dort übli­chen Drei­seit­hö­fen seine jetzige Ausge­stal­tung.

Von den Touren­vor­schlä­gen in  “Wandern rund um Brodo­win” ist auf zwei beson­ders hinzu­wei­sen:

  1. RUMMELSBERG-TOUR: 7 km. Eis- (genauer Kalt-)zeit, wie Glet­scher einst die Land­schaft model­lier­ten, Rund­um­blick vom Klei­nen Rummels­berg, Überblick vom Welt­na­tur­erbe Grum­sin bis nach Polen, Weg mit Info-Tafeln.

  2. PLAGEFENN-TOUR: 12 km rund um das Plage­fenn mit verwun­sche­nen Mooren und urwüchsige Erlenbrüche.

In Brodo­win gab es das Zentrale Pionier­la­ger Maka­renko, in dem die Puhdys und Karat auftra­ten. Vor allem wurde Brodo­win seit 1980 mit dem “Kirchen­som­mer Brodo­win” bekannt. Auf dem nahen Pehlitz­wer­der fanden die Tref­fen und Sommer­la­ger von Gisbert Wali­gora mit der Ostber­li­ner Jugend­gruppe “Zeich­nen und Malen” statt.

Reimar Gilsen­bach begrün­dete 1981 die Brodo­wi­ner Gesprä­che, die in das Programm der Gesell­schaft für Natur und Umwelt im Kultur­bund der DDR aufge­nom­men wurden. Zu diesen Veran­stal­tun­gen lud Gilsen­bach Künstler/innen, Wissenschaftler/innen, Verant­wort­li­che aus den großen Betrie­ben sowie Funk­tio­näre zu Gesprä­chen über Natur- und Umwelt­schutz ein. Die Diskus­sio­nen waren nicht immer einfach, wie er im Rück­blick auf die Brodo­wi­ner Gesprä­che selbst beschrieb.

Die Brodo­wi­ner Gesprä­che wurden nach 1989 unter der Leitung von Lia Pirska­wetz, einer Umwelt­schrift­stel­le­rin, die bereits an den ersten Gesprä­chen betei­ligt war, unter dem Namen „Jahres­ta­gun­gen umwelt­enga­gier­ter Schrift­stel­ler Deutsch­lands“ fort­ge­führt, bis sie 2016 unter der Leitung von Jutta Schlott und Jutta Schöl­zel been­det wurden.

Wer war Gilsen­bach? 17-jährig wurde er zum Krieg gegen die Sowjet­union einge­zo­gen, deser­tierte und lief zur Roten Armee über. Als anar­chi­sti­scher und frei­den­ken­der Mensch, der in der Lebens­re­form-Bewe­gung groß gewor­den war, ordnete er sich nicht den Kadern des NKFD unter und geriet in Kriegs­ge­fan­gen­schaft, in der er als Deser­teur von den deut­schen Mitge­fan­ge­nen fast totge­schla­gen wurde — die mitnich­ten sich vom Natio­nal­so­zia­lis­mus  abge­wandt hatten.

Nach dem Krieg ging er als Kommu­nist in den Osten, war als Jour­na­list und Schrift­stel­ler in unter­schied­li­chen Funk­tio­nen tätig, kämpfte für einen Natio­nal­park Säch­si­sche Schweiz. Mit Sach­bü­chern, bereits 1961 “Die Erde dürstet” und 5 Jahre später “Der Schatz im Acker”, Repor­ta­gen, Roma­nen und Liedern setzt er sich gegen staat­li­che Maßnah­men, vor allem die Zensur, für den Natur­schutz ein.

Zu seinen Freun­den gehör­ten Have­mann und Bier­mann, letz­te­ren versteckte er nach dem Prager Früh­ling bei zwei Sintiza, denen er bei Anträ­gen auf Wieder­gut­ma­chung gehol­fen hatte. Nach Bier­manns Ausbür­ge­rung versteckte er dessen Tage­bü­cher.

Freidenkender Schriftsteller, Umweltschützer und Menschenrechtler
Reimar Gilsen­bach (1925–2001). (Claude Lebus CC BY-SA 3.0)

Gilsen­bach setzte sich für die Rechte der Sinti und Roma und deren Aner­kenn­nung als Verfolgte des Nazi­re­gimes ein, ab 1994 schrieb er an einer “Welt­chro­nik der Zigeu­ner” und war Mitglied von deren P.E.N.-Zentrum. Bei seinem grund­sätz­li­chen Eintre­ten für indi­gene Völker galt sein beson­de­res Inter­esse denen das Amazo­nas­ge­biets.

Auf Gilsen­bach geht die Idee auf das von Werner Upmeier gegrün­dete Ökodorf Brodo­win zurück, in dem drei Fami­li­en­be­triebe biolo­gisch-dyna­misch wirt­schaf­ten: Hof Schwal­ben­nest, Ziege­hof Pörschke und der Land­wirt­schafts­be­trieb Ökodorf Brodo­win. Der Land­wirt­schafts­be­trieb ist mit 1200 ha der größte Deme­ter-Hof Deutsch­lands.

Ferner gibt es in Brodo­win einen natur­nah wirt­schaf­ten­den Fischer. Seit über einem Vier­tel­jahr­hun­dert sanie­ren die Brodowiner/innen mit Wasser­rück­hal­tung den Wasser­haus­halt der Land­schaft, was im Plage­fenn zu deut­li­chen Verbes­se­run­gen geführt hat.