Rentierjäger am Tegeler Fließ
Das Tegeler Fließ ist unendlich schön und vielfältig, ich radle es immer wieder ab.
Die Fahrradtour hat eine Länge von 28 km, den Streckenverlauf habe ich auf komoot veröffentlicht, der kostenfrei genutzt werden kann. Wenn mir das zu viel ist, starte ich in Mühlenbeck-Mönchmühle, dann sind es nur 18 km.
Nordöstlich von Basdorf entspringt das Tegeler Fließ. Das Fließ hat eine Länge von 30 km, das letzte Drittel verläuft auf Berliner Gelände. Es hat ein Gefälle von lediglich 25 m (0,8 ‰) und ist so ein stark mäandrierender Wald- und Wiesenbach.
Die ersten zehn Kilometer führt die Tour durch das Naturschutzgebiet Tegeler Fließtal mit einem Kalktuffgelände (sekundäres Gestein: Kalk verwitterte und die Mineralien sedimentierten erneut) und Niedermoorwiesen (hoher Grundwasserstand und Torfschichten im Untergrund) auf. Auf den letzten fünf Kilometern radle ich durch das Landschaftsschutzgebiet Tegeler Fließ, das von Wasserbüffeln beweidet wird. So weit ein kurzer Überblick.
Bald nach dem Start entlang dem Tegeler Fließtal am Mühlenbecker See vorbei gelange ich nach Summt und schließlich Mühlenbeck. Hinter Mönchmühle werden das NSG Kalktuffgelände und die NSG Niedermoorwiesen erreicht. Das NSG Kalktuffgelände ist wegen seiner Empfindlichkeit nur sehr beschränkt zugänglich, ein Eindruck lässt sich von der Stadtrandsiedlung Blankenfelde aus gewinnen. Das Tegeler Fließtal ist ein Überbleibsel der letzten Eiszeit. Es handelt sich um eine unter dem Gletscher ausgeformte Schmelzwasserrinne, die nach dem Abschmelzen der Gletscher als Bachlauf weiter existierte.
Aufgrund des vorhandenen Fischreichtums und der angrenzenden Wälder entstanden später auf den Sandrücken in der Fließnähe viele Siedlungen. Im Mittelalter entstanden die Dörfer Mönchmühle (Erstnennung 1242), Woltersdorf (1242), Lübars (1247), Blankenfelde (1284), Basdorf (1302), Tegel (1322), Hermsdorf (1349), Mühlenbeck (1375), Schildow (1375) und Zühlsdorf (1375). Ein Motiv zur Ortsgründung, oft von Zisterziensern, war sicher der große Fischreichtum jener Zeit.
Der Bau der Wassermühlen in Schildow und Tegel (heutige Humboldt-Mühle) um 1450 führte zur Wasserregulierung, zur Entstehung des Hermsdorfer Sees und Tegeler Teichs sowie zur Vermoorung. Der hohe Grundwasserstand und die Überschwemmungen verhinderten das erneute Aufkommen von Bruchwald. Die Feuchtigkeit der Niedermoore ermöglichte nur eine extensive Nutzung der Wiesen. Die Bauern waren unzufrieden mit der wegen des Wasserstandes späten oder gänzlich verhinderten Mahd. Abhilfe sollten Entwässerungsgräben mit einem engmaschigen Netz von Rinnen schaffen.
Im 19. Jahrhundert stach man Torf und förderte Ton im Tegeler Fließtal. Später leitete man das Wasser der Rieselfelder über das Fließ in den Tegeler See. Das gesamte Gebiet war dadurch stark mit Nähr- und Schadstoffen belastet. Erst mit dem Ende der Verrieselung 1985 erholte es sich und trocknete etwas aus.
Besonders schön finde ich den Bereich zwischen Lübars und Hermsdorf, in dem die urwüchsige Bachauenlandschaft erhalten geblieben ist. Hier führt der Eichwerdersteg, ein Holzbohlensteg, durch das Gelände. Auf Tafeln kann man viel über die Natur erfahren. Der Eichwerdersteg, ein 145 Meter langer Bohlensteg, führt direkt durch die Flussaue, die hier an die großen osteuropäischen Flussmoore erinnert.
Im Laufe der Jahre kam es in diesem Bereich immer wieder zu großflächigen Überschwemmungen. Deshalb wurde 1950 die Holzbrücke durch eine Stein-/Stahlbrücke ersetzt und für den Damm zusätzliches Material aufgeschüttet. Diese zusätzliche Last konnte der Untergrund aus Wiesenkalk und Faulschlamm aber nicht tragen. Der Damm sackte immer mehr ab. Über dem versunkenen Damm breitet sich heute die Krebsschere aus und die neue Holzbrücke verläuft in leichtem Bogen darum.
Nach 21,5 km gelange ich an eine Straßenkreuzung, zu der links eine Sackgasse bildend Alt-Hermsdorf führt. In Alt-Hermsdorf Nr. 35 residiert das Museum Reinickendorf (Öffnungszeiten: Mo-Fr 9–17 Uhr | So 9–17 Uhr). Dort wird das Lackprofil einer Vorratskammer steinzeitlicher Jäger von vor 11.000 Jahren ausgestellt. Das ist schon beeindruckend, ein kurzer Sprung in das kostenfreie Museum lohnt sich bestimmt.
(Die Karte auf komoot weist einen merkwürdigen Schlenker auf, weil die StVO und komoot das Überqueren eines Bürgersteiges mit einem Fahrrad in eine Sackgasse nicht zulassen, der gesunde Menschenverstand dagegen wohl).
Nun geht es weiter zu der Fundstelle dieser Vorratskammer. Diese findet sich bei der das Fließ überquerende Brücke des Tituswegs. Hier wurden die ältesten menschlichen Spuren im Berliner Raum gefunden, 11.000 Jahre alt. Steinzeitliche Jäger erbeuteten an dem dortigen Wildwechsel Rentiere.
Enden tut die Tour in Tegel, wo dann noch der Nordgraben überquert wird, der zweite große Zufluss des Tegeler Sees.
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