Albrecht Daniel Thaer
Albrecht Thaer war kein Landwirt, sondern Arzt!
Die Wikipedia nennt ihn dagegen einen Polywissenschaftler. Was war er nun wirklich?
1752 in Celle als Sohn eines Arztes geboren ließ sich Thaer dort 22-jährig ebenfalls als Arzt nieder. Seine medizinische Doktorarbeit fand große Anerkennung, er erarbeitete sich seinen guten Ruf als Arzt auch beim gemeinen Volk, das ihn mehr als seinen Vater schätzte. Er war ein erfolgreicher Arzt, Leibarzt des Hannoveraner Kurfürsten und auf Grund dessen Personalunion des englischen Königs. Und dennoch war er auf Grund der ausbleibenden konkreten praktischen Erfolge von der Medizin enttäuscht.
Sein Mitgefühl mit den Leidenden war am Krankenbett seinem eigenen Bekunden nach für einen Arzt zu groß: „Aber mein Mitgefühl beym Krankenbette war seit jeher zu stark für einen Arzt.“ Er fand Entspannung in der Natur und bei der Blumenzucht. 34-jährig heiratete er 1786 Philippine von Willich, die er von schwerer Krankheit geheilt hatte, und erwarb ein landwirtschaftliches Anwesen. Nach eigenem Bekunden wurde er „Landwirt in den Stunden meiner Muße“.
1794 forderte er in „Mein medizinisches Testament“ ausreichende medizinische Betreuung der Landbevölkerung, Umfassende Ausbildung der Ärzte und Hebammen, Einbeziehung psychosomatischer Fragen.
Mit 52 Jahren ein Lebensumbruch
Er war zwar nie in England, hat jedoch intensiv die britische Landwirtschaft studiert und insbesondere den schottischen Nationalökonomen Adam Smith – und genau dieser Smith verfolgt einen auf Schritt und Tritt, wenn man Marxens Kapital liest.
Es gibt noch eine Ähnlichkeit. Als großes und den Ertrag hemmendes Übel war für ihn die Leibeigenschaft der Bauern. Er war für einen freien Bauernstand, wie ja auch Marx die Befreiung aus der Lohnarbeit verfolgte. Die ersten beiden Faktoren einer Rationellen Landwirtschaft sind Arbeit und Kapital, wie auch eine ökonomische Frühschrift von Marx Lohnarbeit und Kapital heißt. Es ist die Zeit der Aufklärung und des gesellschaftlichen Fortschritts.
Den ersten Band der dreibändigen „Einleitung zur Kenntnis der englischen Landwirtschaft“, widmete er Friedrich Wilhelm III. Dieser hatte zu Beginn seiner Regierungszeit die preußischen Reformen ermöglicht, die 1807 mit der Bauernbefreiung begannen.
Thaer war mit dem Landrat Peter Alexander von Itzenplitz befreundet, der ähnliche Vorstellungen zur Reform der Landwirtschaft hatte. Gemeinsam fuhren Sie nach Kunnersdorf im Oderbruch zu dessen Schwiegermutter, dies wurde der Beginn seines folgenreichen Umzuges nach Möglin.
1804 ließ sich Thaer in Möglin nieder. Dort entwickelte er eine Theorie der Landwirtschaft, ganz im Sinne der Aufklärung und der Nationalökonomie, der er auch den Begriff des Rationellen entlehnte. Es ging ihm um die Herleitung einer Rationellen Landwirtschaft, für die er Pflanzen und Tiere züchtete sowie Ackergeräte entwickelte. Es ist eine praktische Theorie geworden. Neue Methoden des Pflanzenanbaus, der Tierhaltung, neu entwickelte Geräte und die Prinzipien der Rationellen Landwirtschaft wurden auf dem Gut in Möglin erprobt. Das war nicht einfach, die Böden waren mager und steinig.
Thaer beschäftigte sich ferner mit religionsphilosophischen Fragen und ganz im Geist der Aufklärung intensiv mit Kant und Mendelsohn, war gut bekannt mit Goethe, der ihm zum 50. Doktorjubiläum ein Gedicht verfasste, das Zeller vertonte, mit Hardenberg und den Brüdern Humboldt. Er besuchte Lessing, worüber Fontane berichtet und auf das von Thaer bewusst anonym gehaltenen „Fragmente eines Wolfenbüttelschen Unbekannten“ verweist. Und so resümierte Thaer im Alter:
„Es ist die Aufgabe meines Lebens gewesen, die Landwirtschaft zur angenehmen, nützlichen und würdigen Beschäftigung des denkenden Menschen zu machen.“
Gut 1oo Jahre später kaufte sich der bedeutende Chirurg August Bier 51-jährig ein großes Waldstück, den Sauener Wald. Hier konnte er am komplexen System eines herunter gekommenen Waldes einen Waldumbau betreiben, der den Prinzipien des griechischen Philosophen Heraklit folgte. Derart umfassend konnte er nicht an Menschen tätig werden. Auch er arbeitete dann als Förster auf schlechten Böden und zeigte, wie zutreffend seine Methodik war.
Analog arbeitete der Landwirt Erhard Bartsch ebenfalls am Scharmützelsee auf sandigem und steinigem Boden und gründete den ersten biologisch-dynamischen Hof auf dem Gut Marienhöhe 1928.
Ausstellung A. D. Thaer
In Möglin wird in einer sehr gut kuratierten Ausstellung das Werk Thaers dargestellt. Im Museum sind die agronomischen Publikationen der Fördergesellschaft Albrecht Daniel Thaer erhältlich, die auch im online-shop bestellt werden können
Im Museum habe ich mir auch das von Karl Friedrich Zeller vertonte Gedicht Goethes angehört, das er zu Ehren Thaers verfasste: