Murel­len­berge, Murel­len­schlucht und Schan­zen­wald

Die Hügel­land­schaft der Murel­len­berge (früher Morelle, Weich­sel­kir­sche) ist knapp 30 ha groß. Östlich liegt das Olym­pia­ge­lände und west­lich tren­nen die S‑Bahn und die Havel­chaus­see die Berge von den angren­zen­den Tief­wer­der Wiesen, einem der weni­gen Orte, an denen Hechte in Berlin laichen.

Die 62 m hohen Murel­len­berge sind die nord­west­li­che Stauch-/End­mo­räne des Teltow. Eine eiszeit­li­che, 30 m tief einge­schnit­tene Schmelz­was­ser­rinne entwäs­serte nach Norden in das Berli­ner Urstrom­tal, in die Spree. Heute ist sie ein Trocken­tal, die Murel­len­schlucht, die in die Fließ­wiese Ruhle­ben über­geht. Diese Land­schaft ist mit ihrem markan­ten Ober­flä­chen­pro­fil ein wenig wild und roman­tisch, ganz anders als die nörd­lich liegende Fließ­wiese.

Seit bald 200 Jahren wurde ein Teil der Berge mili­tä­risch resp. poli­zei­lich genutzt, am Beginn von der Gewehr-Prüfungs­kom­mis­sion und dann als mit Schan­zen ausge­stat­te­ter Schieß­platz. 1994 über­ga­ben die briti­schen Alli­ier­ten das Gelände an die Berli­ner Poli­zei, die in einem klei­nen Teil, der Fight­ing City, Perso­nen­schutz und SEK trai­niert. Das übrige Gelände unter­steht nun den Forsten.

NS-Hinrich­tungs­stätte und Mahn­mal

Vom Sommer 44 bis zum Früh­jahr 45 wurden über 300 Menschen hinge­rich­tet, Solda­ten aus poli­ti­schen Grün­den, Deser­teure und eine kleine Gruppe gefan­ge­ner Fran­zo­sen. Lange Zeit galt die Murel­len­schlucht als Hinrich­tungs­ort, der war aber an einem höher gele­ge­nem Punkt in der Nähe des heuti­gen Muni­ti­ons­de­pots.

Nach der Über­eig­nung des Gelän­des seitens der Brit­ten plante Berlin bei seiner Bewer­bung für die Olym­piade 2000 im Schan­zen­wald das Olym­pia­dorf zu bauen. Nach dem Schei­tern der Bewer­bung bildete 1994 die ev. Kreis­syn­ode Char­lot­ten­burg auf Betrei­ben von Manfred Engel­brecht, Pfar­rer der Gemeinde Neu-West­end, eine “Arbeits­gruppe Murellenschlucht/Olympiagelände”. 3 Jahre später beschloss man mit der Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung ein Mahn­mal am Weg zur Wald­bühne zu errich­ten. Es fehlte jedoch am Geld.

2000 erfolgte ein neuer Vorstoß seitens der Senats­ver­wal­tung für Stadt­ent­wick­lung mit einem klei­nen Wett­be­werb, aus dem dann der Entwurf von Patri­cia Pisani ausge­wählt wurde.

 

Hügellandschaft Murellenberge
Murel­len­berge. © Thomas Römer/OpenStreetMap data, CC BY-SA 3.0.

Entlang eines Denk­zei­chen­we­ges wurden Verkehrs­spie­gel aufge­stellt. Die Menge der Spie­gel verdich­tet sich von der Glocken­turm­stra­sse aus in Rich­tung des Erschie­ßungs­plat­zes. Einige Spie­gel sind auf dem zur Zeit einge­zäun­ten Poli­zei­ge­lände aufge­stellt. Durch sie wird der authen­ti­sche Erschie­ßungs­platz von dieser Stelle aus einseh­bar bzw. virtu­ell zugäng­lich. Das erreicht man nach 3,5 km kurz vor dem Murel­len­berg; der Erschie­ßungs­platz war entge­gen der land­läu­fi­gen Meinung nicht in der Murel­len­schlucht.

Denkzeichenweg in den Murellenbergen
Denk­zei­chen­weg. © Patri­cia Pisani.

In ihren Über­le­gun­gen zu den “Denk­zei­chen zur Erin­ne­rung an die Ermor­de­ten der NS-Mili­tär­ju­stiz am Murel­len­berg” führt Patri­cia Pisani aus: “Verkehrs­spie­gel werden im Stra­ßen­ver­kehr an einer Gefah­ren­stelle aufge­stellt. Sie sollen einer Gefahr vorbeu­gen, in dem sie etwas sicht­bar machen, was außer­halb des Blick­fel­des liegt. Sie zeigen, was um die Ecke passiert, eine Gefahr oder eine Bedro­hung, die sich an einer unüber­sicht­li­chen Stelle mögli­cher­weise nähert, aber noch nicht zu sehen ist.”

Die Instal­la­tion besteht aus 140 Spie­geln, von denen 15 mit Laser graviert wurden. Sie enthal­ten Texte zum Gesche­hen, Auszüge aus den NS-Terror­ur­tei­len, Berichte von Zeit­zeu­gen und Darstel­lun­gen von dem Umgang mit Deser­teu­ren nach dem Krieg.

An diesem Mahn­mal ist Kritik geübt worden, man habe nicht das deut­lich in der Öffent­lich­keit stehende Projekt von 1997 verfolgt, sondern “ein Mahn­mal zwei­ter Klasse” “im Wald versteckt”.
Ich bevor­zuge, wenn irgend möglich, die origi­na­len Stät­ten und schätze u. a. deshalb den Denk­zei­chen­weg sehr.

Ein einzel­ner Spie­gel am Beginn des Weges in der Glocken­turm­straße ist aller­dings abso­lut unge­nü­gend und am Nordende der Hinweis “Kunst im Stadt­raum” schlicht unwür­dig.

Zu dem Weg gehö­ren hinwei­sende Instal­la­tio­nen, insbes. Erläu­te­rung der Gedenk­stätte sowie eine Auszeich­nung des Wander­we­ges nach Ruhle­ben resp. zum Olym­pia­sta­dium.

Wenn es um das Geden­ken an Deser­teure ging, gab es in meiner Jugend jedes­mal einen für mich schwer verständ­li­chen, hefti­gen Streit und danach fragte man sich, warum man gestrit­ten hatte.

Diese Frage verfolgte Char­lotte Wiedemann in ihrem Buch “Den Schmerz der Ande­ren begrei­fen”: “Die Aner­ken­nung der Deser­teure war so schwer, weil sie an alle Nicht­de­ser­tier­ten eine stumme Frage rich­tete … Mit der Kontro­verse verschwand der Stachel im Fleisch allge­mei­nen Mitläu­fer­tums” (S. 110).