Preußens Exportschlager
Das Oderbruch war vor seiner Urbarmachung eine wüste und wilde Fläche, die von einer unzähligen Menge größerer und kleinerer Oderarme durchschnitten wurde. Wasser und Sumpf in diesen Bruchgegenden beherbergten natürlich eine eigene Tierwelt.
In den Gewässern fand man: Zander, Fluss- und Kaulbarsche, Aale, Hechte, Karpfen, Bleie, Aland, Zärten, Barben, Schleie, Neunaugen, Welse und Quappen. Mit bloßen Handnetzen wurden zuweilen an einem Tage über 500 Tonnen gefangen. Fontane berichtete: „… gab es bei Wriezen der Hechte, die sich als Raubfische diesen Reichtum zunutze machten, so viele, dass man sie mit Keschern fing und selbst mit Händen greifen konnte. Die Folge davon war, dass in Wriezen und Freienwalde eine eigene Zunft der Hechtreißer (der Hecht wurde aufgeschnitten und eingepökelt) existierte. Ein bedeutender Handel wurde getrieben und der Fischertrag des Oderbruchs ging bis Böhmen, Bayern, Hamburg, ja die geräucherten Aale bis nach Italien.
In großer Fülle lieferte die Bruchgegend Krebse. Danach wären denn bloß in dieser einen Stadt (Küstrin) in einem Jahre 32 1/2 Millionen Schock (1,95 Mrd.) Krebse versteuert worden. Auch die gemeine Flussschildkröte war im Bruch so häufig, dass sie von Wriezen fuhrenweise nach Böhmen und Schlesien versendet oder vielmehr abgeholt wurde (ihre Eier waren ebenfalls eine Delikatesse).
Schwärme von wilden Gänsen bedeckten im Frühjahr die Gewässer, ebenso Tausende von Enten, unter welchen letzteren sich vorzugsweise die Löffelente, die Quackente und die Krickente befanden. Zuweilen wurden in einer Nacht so viele erlegt, dass man ganze Kahnladungen voll nach Hause brachte.“
(Gekürzt aus: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Das Oderbruch – Wie es in alten Zeiten war)
Und Norman Ohler schreibt in seinem Roman „Die Gleichung des Lebens“, dem lange Recherchen vorausgingen: „Aus dem Bruch heraus wird die absatzstärkste Binnenfischerei in ganz Europa betrieben und Fisch ist für Preußen-Brandenburg nach wie vor das wichtigste Handelsgut. Es sind Millionen Fässer frischer wie gesalzener, gepökelter wie geräucherter oder auf andere Art haltbar gemachter Störe, Hechte, Zander, Forellen, Barsche und was sich noch so alles tummelt. Der Fang wird in die Lausitz, nach Sachsen, Thüringen, Schlesien, Böhmen und Bayern, in den Harz, nach Hamburg und bis ins Rheinland exportiert. Nicht zu zählende Mengen an Aalen und Krebsen werden jährlich verkauft, eine unvorstellbare Anzahl an Schildkröten als Fastenspeise in alle katholischen Länder Europas verschickt. Selbst Papst Benedikt ist reger Abnehmer.“