Rund­kurs nach Moryń und Siekierki

Der Rund­kurs hat eine Länge von 43 km und kann, der Name sagt es, an einem belie­bi­gen Ort begon­nen und been­det werden.

Ich radle entge­gen dem Urzei­ger­sinn und starte in Zoll­brücke, der Name verrät es, eine frühere Brücke über die Oder mit Brücken­zoll. Dort resi­diert das östlich­ste Thea­ter Deusch­lands, das Thea­ter am Rand. Die Oder ist ein bemer­kens­wer­ter Strom, über Hunderte von Kilo­me­tern ist sie durch­gän­gig und die Tiere können bis zum Meer wandern, eine Rari­tät unter den euro­päi­schen Flüs­sen.

Fluss­auf­wärts geht es zur Güste­bie­ser Loose. Das letzte Stück radle ich über die „Lici­goe­ricker Wiesen“ (s. Gene­ral­plan der Oder und der Neuen Oder), über­quere die Alte Oder an ihrem Beginn, am Denk­mal für Viadrus vorbei zum Fähr­an­le­ger. Jedoch ist dieser Ort weit­aus mehr als eine Anle­ge­stelle, es war der entschei­dende Ort gewe­sen, an dem der Durch­stich zur Neuen Oder mit dem Ziel der Trocken­le­gung des Oder­bruchs erfolgte.

Die Erin­ne­run­gen an die Geschichte, die lieb­li­che Natur der Alten Oder, all das erlischt, über­quere ich die Oder. Ich gelange nach Gozdo­wice, das Museum des Andenkens an die Pioniere steht gleich beim Anle­ge­steg, es erin­nert an das Kriegs­ende und mich an die Befrei­ung meiner Eltern und von mir, es ist lange her und ich bin immer noch tief­be­wegt.

Die Plaka­tie­rung ist zwar polnisch, im Museum sind die Tafeln jedoch drei­spra­chig beschrif­tet und die Mitarbeiter/innen spre­chen meist Deutsch.

Ich bin nun in der Woiwod­schaft West­pom­mern, dieser Teil der Woiwod­schaft gehörte früher zusam­men mit dem Oder­bruch zur Neumark. Am Rande des Oder­bruchs und teil­weise schon ein wenig auf der Grund­mo­räne geht es nun nach Norden mit Stei­gun­gen von bis zu 6%, doch nur 1,4 km lang bis auf eine Höhe von 42 m. Dort errei­che ich Stare Łyso­górki (Liet­ze­gö­ricke), weit vor 1753, späte­stens im 13. Jahr­hun­dert gegrün­det und nun oft auch als Alt Liet­ze­gö­ricke bezeich­net. Der Ort gehört zur Gmina Miesz­ko­wice (deutsch: Bärwalde in der Neumark, kaschu­bisch: Berwôłd). Hier verstar­ben die letz­ten Aska­nier 1319 und 1320, womit deren Geschlecht erlosch.

Von Stare Łyso­górki (früher Alt Liet­ze­gö­ricke) führt der Weg durch das bewal­dete Tal der Slubia nach Moryń (früher Mohrin), der Weg ist in der ersten Hälfte sehr schön und führt später durch einen mit Fich­ten bewach­se­nen Wirt­schafts­wald.

Moryń ist gut 750 Jahre alt. Über die Grün­dung ist nichts bekannt, die Stadt war kurz­fri­stig wirt­schaft­lich bedeut­sam und später von Acker­bür­gern bewohnt. Der vor der Stadt liegende Mohr­i­ner See ist einer der tief­sten der Pommer­schen Seen­platte.

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Zum kurzen Einkeh­ren gibt es nur zwei  Möglich­kei­ten, bei der Kirche in Moryń ein Eiscafé und ein nicht immer geöff­ne­tes Radlerd­afé bei km 31.5 im alten Bahn­hof von Żelichów Kolo­nia (Dürren­sel­chow).

Zur Oder zurück geht es auf dem gut ausge­bau­ten Oder­bahn­rad­weg der frühe­ren Wrie­ze­ner Bahn nach Chojna. Es handelt sich hier um den wirk­lich gut ausge­bau­ten Radweg 20 Pl (Trasa Poje­zierzy Zachod­nich), er führt von der Grenze zu Deutsch­land 337 km weit nach Miastko (Rummels­burg in Pommern).
Ich radle in die entge­gen­setzte Rich­tung zur Oder durch die sehr einpräg­same Land­schaft einer kuppi­gen Grund­mo­räne, die im weite­ren Verlauf dann wellen­för­mig sich darstellt, und den Toteis­lö­chern, den Sölln. Wenn die Eismas­sen der Kalt­zeit über die Morä­nen frühe­rer Kalt­zei­ten geglit­ten waren, entstan­den dann beim Abtauen derar­tige Formen.

Zum Schluss geht es über die Oder zurück, die schön­ste Grenze, die ich je über­schrit­ten habe: die Euro­pa­brücke Neurüd­nitz-Siekierki. Die frühere Eisen­bahn­brücke ist nunmehr für Fußgän­ger — bitte vorsich­tig und nicht zu schnell radeln — und Radfahrer(inne)n restau­riert worden. Auf der polni­schen Seite stehen viele Sitz­ge­le­gen­hei­ten und in aller Ruhe kann man die Wasser­vö­gel beob­ach­ten oder auch einfach nur schauen und träu­men.