
Spandauer Forst
Der Spandauer Forst ist nicht so bekannt, er hat nicht den größten oder ältesten Baum, er ist auch nicht der größte Berliner Wald – und ich liebe ihn dennoch, durchflossen von der Kuhlake, Wiesen und Moore, unendlich schön.
Die Fahrradtour hat eine Länge von 23 km. Start- und Endpunkt ist die Bushaltestelle Johannesstift.
Es ist eine Rundtour und je nachdem, woher man kommt, kann man beginnen und enden.
Die Fahrradtour habe ich auf dem Routenplaner komoot veröffentlicht, der kostenfrei genutzt werden kann.
Von der Bushaltestelle Johannesstift führt mich der Weg zunächst zum Wildgatter mit Schwarz‑, Reh‑, Rot‑, Dam- und Muffelwild. Na auf die beiden letzten könnte ich verzichten, die insbes. vom Adel einst eingeführt nicht heimisch sind,
Nun geht der Weg entlang der Kuhlake. So idyllisch sie da entlang fließt, dies ist kein Bach, sondern ein Graben. Ein Blick in die Vergangenheit erklärt einiges: der Spandauer Forst war ursprünglich eine ausgedehnte Auenlandschaft mit regelmäßigen Überflutungen durch die Havel. In 0,5–1 m Tiefe stand das Grundwasser. Bruchwälder und Moore, z. B. Teufelsbruch und Rohrpfuhl, prägten das Bild.
Gleich nach dem Ende des 30-jährigen Krieges ließ der Große Kurfürst nordwestlich das Gebiet mit dem Bau des Nieder-Neuendorfer Kanals entwässern. Sein Enkelsohn, der Soldatenkönig, das Grabensystem von Kreuzgraben und Kuhlake bauen. Bis in das 20. Jahrhundert entwässern sie das Gebiet, der Grundwasserspiegel sank um über 1 m und 85 % der Moorflächen degradierten. Mit der Trinkwasserförderung ab 1955 verschärfte sich die Situation, der Grundwasserspiegel sank bis zu 5 m und 1960 war die Kuhlake trockengefallen. Als Gegenmaßnahme wird seither das Grundwasser künstlich angereichert, indem Wasser zugeführt wird, von ursprünglich 2,2 Mio. m3/a Havelwasser auf nunmehr 6,5 Mio.
Die Kuhlake fließt deshalb umgekehrt und mit Hilfe von Staustufen und Versicherungsbecken soll der Grundwasserspiegel stabilisiert werden. Hierfür muss das Havelwasser aufwändig gereinigt werden.
Es geht weiter zum Eiskeller, dem kältesten Punkt Berlins. Nach 300 m biege ich ab, da verlief die Mauer, der Eiskeller war ja eine Westberliner Exklave. Hier schrieb ein Schulschwänzers einst Weltpolitik. Erwin Schabe behauptete, die VoPo hätte ihm den Schulweg versperrt, wie das ausging, wird sehr gut mit alten Fotos vor Ort und auch im Internet gezeigt. Ich muss da immer Grinsen, ich bin selbst ja drauf hereingefallen.

Danach radel ich Richtung Osten zum Rohrpfuhl und komme nach 10 km an einem Wasserkreuz vorbei, der Kreuztränke. Dort wird Trinkwasser mit einem Horizontalfilterbrunnen gefördert. Er wurde nicht senkrecht in den Boden gebohrt wird, sondern besteht aus einem 26 m tiefen Schacht mit 4 m Durchmesser, von dessen Sohle aus sternenförmig acht bis zu 41 m lange Filterrohre in den Boden ragen. Ein solcher Brunnen kann fast 1.000 m³/h gewinnen, soviel wie eine konventionelle Brunnengalerie.
Die Filterrohre sammeln Wasser aus einem breiteren Bereich, das zuvor durch Erdschichten geflossen ist und dabei gefiltert wurde. Ein weiterer Vorteil eines Horizontalbrunnens besteht darin, dass die Extreme der Wasserentnahme und der Pausen der Entnahme im Vergleich mit dem üblichen Vertikalbrunnen ausgeglichener sind.
Nach Überquerung der Schönwalder Allee erreiche ich einen Sumpf, den Großen Rohrpfuhl, diesen umrande ich am Südende und gelange zu seinem kleinen Bruder, dem Kleinen Rohrpfuhl, den ich kurz quere. Einst waren sie beide Seen, die auf Grund der Entwässerungen zunehmend vertrockneten. In den 80er Jahren begann man, diese Entwicklung zu stoppen und das Gebiet mit den ehemaligen Entwässerungskanälen zu vernässen. Dies erfolgt auch auf Grund der Klimarelevanz von Mooren. “Moore machen nur drei Prozent der weltweiten Landfläche aus, speichern aber doppelt so viel Kohlenstoffdioxid wie alle Wälder der Erde zusammen” (Bundesregierung, 2014).
Für kurze Zeit verlasse ich Berlin und radle durch Nieder Neuendorf. Nach 16,4 km liegen rechts die Fichtewiesen und links am Ufer eine stehen einige Wochenendhäuschen im Erlengrund. Sie waren beide wie auch der Eiskeller Westberliner Exlaven in der DDR; nach 200 m ist die Grenze zu Berlin.
Mitte der 70er Jahre war hier viel los. Hier sollte bei der Bürgerablage direkt an der Grenze zur DDR das Kraftwerk Oberjägerweg mitten im Wald gebaut werden. Die Anwohner legten gegen die Fällgenehmigung (es gab noch gar keine Betriebsgenehmigung) Beschwerde ein, die erste Bürgerinitiative wurde gegründet, zusammen mit den Umweltverbänden dagegen protestiert und der Bauplatz besetzt. Es war ein riesiger Erfolg, als der Prozess gewonnen wurde und die Bäume nicht gefällt werden konnten. Einige Demonstranten flüchteten in den Erlengrund, zudem die westberliner Polizei nicht gelangen konnte.
Aus dieser Erfahrung hatten die Beteiligten gelernt und gründeten bald danach 1979 die Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz. Sie ist eine Serviceeinrichtung der Berliner Naturschutzverbände, mit der gemeinsam Interessen des Naturschutz koordiniert verfolgt werden, notfalls gerichtlich.
Dann geht es kurz nach Nieder-Neuendorf und entlang der Havel bis zum Teufelsseekanal. Über ihn wurde früher ein nörlich von ihm liegendes Kraftwerk vesorgt. Nach dessen Abriss sollte das oben erwähnte Kraftwerk Oberjägerweg gebaut werden. Der Kanal ist nicht mehr beschiffbar. Hier war früher der westliche Kontrollpunkt des Zolls, in den die Grenzposten der DDR nicht hineinsehen konnte.
Nach 17,5 km erreiche ich den letzten Punkt, vielleicht den Höhepunkt, das Teufelsbruch. Es ist ein Bruch mit eingelagerten Mooren. Moore speichern nicht nur enorme Mengen an von CO2 in Form von Bodenkohlenstoff im Torf, sondern spielen eine große Rolle im Wasserhaushalt der Landschaft als Reservoir und als Regulator. Bei niedrigem Wasserstand kann ich das Bruch queren, sonst radle ich nördlich herum.
Ich entscheide mich für „das“, weil die dort lebenden Feen meist weiblich sind und das generische Maskulinum eh ein Problem ist.
Ich entscheide mich für „das“, weil die dort lebenden Feen meist weiblich sind und das generische Maskulinum eh ein Problem ist.
Bei Trockenheit kann ich über den Damm durch das Bruch mein Fahrrad schieben und komme dann beim km 21 wieder auf die Route.
Ich nehme mir ein wenig Zeit hierfür, es ist ein einziger Genuss. Aber Vorsicht! Ich gehe vorab zu Fuß auf den Damm und prüfe, ob er passierbar ist. Bei hohem Wasserstand auf dem Damm das Fahrrad zu wenden, ist kein Vergnügen.
Ansonsten geht die Route um das Bruch herum.
Nach 19 km biege ich rechts ab, radle ich gerade aus weiter und biege dann beim Erreichen des Merianswegs links ab, gelange ich zu Aalemannufer, wo ich mit der Fähre nach Tegelort übersetzen kann.
Der Rückweg zum Johannesstift führt nun wieder an den Wildgattern vorbei, jedoch an einer anderen Seite.
Die nächsten Touren:
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