Nörd­li­cher Grune­wald

Panoramablick

Nörd­li­cher Grune­wald

Die Fahr­rad­tour ist 17 km lang und ihren Verlauf habe ich auf dem Routen­pla­ner komoot veröf­fent­licht, der kosten­frei genutzt werden kann.

Start­punkt ist der S‑Bhf. Grune­wald, an dessem südöst­li­chen Ausgang gelangt man zur Gedenk­stätte

Gleis 17
Von dem Gleis 17 wurden in der Zeit von Okto­ber 1941 bis Januar 1945 über 50.000 Jüdin­nen und Juden nach Lodz, Riga und Warschau und ab 1942 nach Ausch­witz depor­tiert und dort in den aller­mei­sten Fällen ermor­det.
Ich radel dann weiter zur

Sand­grube im Jagen 86
Ganz kurz bevor ich die Grube errei­che, stehen links in den Jagen 57  und 58 heimi­sche Früh­blü­hende Trau­ben­kir­schen, nicht zu verwech­seln mit den den Wald so bela­sten­den Spät­blü­hen­den. Die Früh­blü­hende hat nicht so glän­zende Blät­ter.
Der Grune­wald ist von der Eiszeit stark geprägt. Aus dieser Zeit stam­men große Sand­flä­chen aus  denen in den Jahren 1966–83  im Jagen 86 3,5 Mio m3 Sand entnom­men wurden.
Ein wech­sel­ner Teil der Hänge der Sand­grube und der mittige Sand­berg stehen Kindern und Jugend­lich zum Spiel zur Verfü­gung. Die Kies­grube ist bis zu 25 m tief und liegt damit unter dem Hori­zont  des Grund­was­sers; so kann man hier sehr gut dessen Pegel­schwan­kun­gen beob­ach­ten. Der größte Teil der Kies­grube ist  nicht so tief und trocken, so wech­seln sich unter­schied­li­che Lebens­räume, feuchte für Amphi­bien und trockene für Insek­ten, insbe­son­dere die sonnen­be­schie­de­nen Hänge. 1992 wurde diese 13 ha große Fläche unter Natur­schutz gestellt. Das Ökowerk hat es über­nom­men die aus Nord­ame­rika stam­men­den und sich massen­haft ausbrei­ten­den Spät­blü­hende Trau­ben­kir­sche und Robi­nie zu entfer­nen, zumin­dest deren Ausbrei­tung einzu­schrän­ken.
Einen guten Über­blick gibt der Flyer der zustän­di­gen Senats­ver­wal­tung: Die Sand­grube im Jagen 86 des Grune­walds.

Ein kurzes Stück weiter sind auf der linken Seite in den Jagen 58 und 59 seit Jahr­zehn­ten tote Eichen. Auch mit unge­üb­ten Blick erkennt man schnell, wie viele unter­schied­li­che Moose auf einem einzi­gen toten Baum wach­sen, auf dem auch eine Viel­falt von Insek­ten sich tummelt. Für den Wald ist eine derar­tige Viel­falt von zentra­ler Bedeu­tung. sie “umfasst die Viel­falt inner­halb der Arten und zwischen den Arten und die Viel­falt der Ökosy­steme“ (UN-Biodi­ver­si­täts­kon­ven­tion).

Düne mit dem Fleder­maus­quar­tier
Wo einst mitten im Grune­wald die US-Army 26 ober­ir­di­sche Muni­ti­ons­de­pots errich­tet hatte, sind nun Dünen mit einem Winter­quar­tier für Fleder­mäuse entstan­den.
Bei der weite­ren Tour treffe ich kurz vor dem Bars­see auf Berlins

Größte Kiefer
Frei­ste­hende Kiefern sind für mich die schön­sten Bäume, sie bilden ganz indi­vi­du­elle Kronen aus, sind farb­lich nicht fest­ge­legt, ihre Rinde wech­selt die Farbe von rot zu schwarz. Zusam­men mit den Birken sind sie die radi­kal­sten Pionier­baum­ar­ten. Die schön­sten Kiefern im Grune­wald fand ich auf dem Havel­hö­hen­wan­der­weg, karto­gra­phiert auf komoot. Und dennoch wird aus zwei Grün­den über die Kiefern heftig geklagt, ihre Brand­ge­fahr und ihr Wasser­ver­brauch. 

Da wechsle ich gleich mal das Thema und ich komme zu einem See, leider zu einem ehema­li­gen, dem
Bars­see
In den 50er Jahren ging ich zur Schule, da war die Saubucht mit Pech- und Bars­see, ein belieb­tes Ausflugs­ziel. Der See hat sich seit­her sehr gewan­delt, es gibt ihn so gut wie nicht mehr, das soll sich nun ändern, siehe Bars­see. Es geht nicht nur um den Erhalt des Sees, sondern auch um die klima­tisch so notwen­dige Rena­tu­rie­rung von Mooren.

Himmels­teich
Auf dem Weg zum Pech­see liegt links von mir ein klei­nes sehr schön ausse­hen­des Gewäs­ser, so soll­ten die ande­ren Seen hier auch ausse­hen. Aller­dings ist es ein Biotop aus 2. Hand. Bei der Muni­ti­ons­be­räu­mung des Bars­sees hatte hier das schwere Gerät den Boden derart verdich­tet, dass sich der kleine Himmels­teich bildete (Schwer­ter zu Pflug­scha­ren). Und wenn ein neuer Lebens­raum entsteht, kommt es zu einer explo­si­ons­ar­ti­gen Vermeh­rung von Pionier­ar­ten und peu a peu kommen später weitere Arten hinzu.

Pech­see
Beim Pech­see finde ich eine nicht ganz so weit fort­ge­schrit­ten Situa­tion wie am Bars­see. In der Ausstel­lung WassEr­le­ben im Ökowerk wird dies sehr gut darge­stellt.

Auf der weite­ren Tour träume ich von einem eBike, mit voller Wucht lerne ich nämlich das eiszeit­li­che Erbe, die Havel­berge, kennen, steil berg­auf, steil bergab. Kame nennt man derar­tige Hügel; es ist der “Schutt” der sich zwischen Glet­scher und übrig geblie­be­nen Eisblöcken oder in Eistä­lern während des Tauens abla­gert. Auf dieser letz­ten Etappe bis zur Havel gelange ich zu einem Hoch­stand der Forsten auf dem die Bedeu­tung der
Baum­ar­ten
demon­striert wird. Es sind ganz unter­schied­li­che Wald­bil­der,

• West­lich: Dougla­sie, Fichte und Hemlock­tanne dunkel und viel zu dicht. Keine heimi­schen Bäume.
• Östlich: hell, unter­schied­li­che Zonen mit Kraut und stehen gelas­se­nen Bäumen, den Über­häl­tern.
Und bald danach sind bei einer Auffor­stung junge Bäume zu sehen, die in Stär­ke­hül­sen einge­packt sind, damit die Rehe sie nicht anknab­bern. Die Rehe sind ausge­spro­chene Fein­schmecker, sie fres­sen am lieb­sten die Endknos­pen und damit auch die Spit­zen, so verbei­ßen sie mit ihrem selek­ti­ven Geschmack viele Bäume, die dann nicht mehr rich­tig aufwärts wach­sen können.

Nun errei­che ich den Grune­wald­turm und radle entlang der Havel zu einem Os (eiszeit­li­cher runder Hügel) auf der Halb­in­sel
Schild­horn
Die Halb­in­sel umrankt eine Legende, nach der der slawi­sche Fürst Jaxa v. Köpe­nick vor den Aska­nier flie­hend mit seinem Pferd über die Havel setzte, aus Seenot geret­tet, den Chri­sten­gott um Hilfe anrief und sich dann zum Chri­sten­tum bekehrte. Dies gilt als die Geburts­stunde Bran­den­burgs.
An dieser Legende ist nichts zutref­fend und das von Fried­rich Wilhelm IV 1845 errich­tete Denk­mal pein­lich, das “das halb an Tele­gra­phen­pfo­sten, halb an Fabrik­schorn­steine mahnt” (Fontane). Im Einzel­nen habe ich das unter “Jacza von Köpe­nick und die Schild­horn-Legende” darge­stellt, es geht nämlich um etwas ganz ande­res.

Auf Schild­horn stand ein Boots­haus. 1943 versteck­ten sich Jüdin­nen und Juden dort und unter­hiel­ten sich unab­ge­hört auf Ruder­boo­ten. Eine von ihnen war Inge Deutsch­kron.

Bei der nun letz­ten Etappe zum Ökowerk am Teufels­see fahre ich im Jagen 135 am links­sei­tig liegen­den Fried­hof Grune­wald-Forst vorbei, Selbst­mör­der­fried­hof genannt. Auf ihm wurden seit 1878 Menschen beer­digt, die sich mit einem Sprung in die Havel selbst getö­tet hatten und dann von der Havel ange­schwemmt wurden. Die Kirchen weiger­ten sich Selbst­ge­tö­tete zu beer­di­gen, so musste der zustän­dige Revier­för­ster dies über­neh­men.
Auf dem Fried­hof liegen Gefal­lene aus den Welt­krie­gen. Die Grab­stätte 82 von Nico (Chri­sta Päff­gen) erfährt stän­di­gen Besuch, Sekt­glä­ser, Briefe, Fotos, Hasch­pfei­fen, all das wird ihr mitge­ge­ben. Sie hat zusam­men mit Velvet Under­ground in Andy Warhols Factory das “Bana­nen­al­bum” produ­ziert, das wirt­schaft­lich ein Flopp war und von dem David Bowie sagte: “Das hier war von einer Cool­ness, die ich nie für möglich gehal­ten hatte, es war über­wäl­ti­gend.”

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